80 Jahre Maschinenfabrik Deutschland


Am 12. November 1952 jährt sich zum 80. Male der Gründungstag unseres Unternehmens. Die sehr schwierigen Verhältnisse nach dem letzten Kriege, die damals die weitere Entwicklung noch nicht übersehen ließen, gestatteten es leider nicht, die 75. Wiederkehr dieses denkwürdigen Ereignisses in angemessener Weise zu begehen. Mit umso größerer Genugtuung aber dürfen wir heute von den sichtbaren Erfolgen der seitdem vergangenen Spanne des Aufbaus sprechen. In der vorliegenden Jubiläumsschrift geben wir zugleich mit einer kurzen Darstellung der Geschichte unseres Werkes einen Rechenschaftsbericht über das, was in den letzten 5 Jahren aus eigener Kraft geleistet wurde. Diese Leistung war nur möglich durch den beispielhaften Einsatz unserer Mitarbeiter und durch das Vertrauen, das uns von unseren Geschäftsfreunden auch in der schwersten Zeit unseres Vaterlandes und unseres Unternehmens unvermindert entgegengebracht wurde. In Dank-barkeit für die uns bewiesene Treue widmen wir daher diese Schrift unseren Mitarbeitern und Geschäftsfreunden mit der Versicherung, auch in Zukunft alles zu tun, was zur weiteren Vertiefung dieser gegenseitigen Beziehungen beitragen kann.

MASCHINENFABRIK DEUTSCHLAND AKTIENGESELLSCHAPT DORTMUND

Im Reich der Kraft

Die Maschinenfabrik Deutschland - MFD - ist in weiten Kreisen bekannt in erster Linie als maßgebendes Unternehmen für die Herstellung von Werkzeugmaschinen. Schon in der Gründungserklärung wurde der Bau von Werkzeugmaschinen als das Hauptbetätigungsfeld angeführt. Seitdem liegt, unberührt durch die Wechselfälle der Zeiten, das Hauptgewicht des Unternehmens bei seinen schweren Maschinen. Bei den vielen Möglichkeiten, für die Fabrikation von Werkzeugmaschinen eine Auswahl zu treffen, hat das im westfälischen Raum liegende Werk sich dahin entschieden, dem Programm auch eine westfälische Note zu geben. Die Maschinen der MFD sind die starken Helfer für schwere und schwerste Arbeit.
Die Geschichte der Werkzeugmaschinen ist aufs engste verknüpft mit der Geschichte der MFD. Denn in dem Zeitraum von 80 Jahren, die jetzt die MFD besteht, wurde der Weg zurückgelegt von den bescheidenen Anfängen im Werkzeug-maschinenbau zu den Giganten der modernen Technik. In dieser Zeit hat sich das Bild der Werkzeugmaschinen grundlegend gewandelt. Die Gußeisen -Architektur der alten Maschinen, die das Äußere mit Stilelementen der Gotik oder Re-naissance „verzierte", ist längst durch Formen abgelöst worden, die aus dem Zweck heraus entwickelt wurden und die, innerlich wahr, darum auch schön sind. Mit der schlichten Geschlossenheit des Auf baus konnte gleichzeitig die Forderung nach größter Unfallsicherheit erfüllt werden. Vieles also wurde im Wandel der Zeiten abgestoßen und durch Besseres und Zweckmäßigeres ersetzt. Aber diese Entwicklungsstufen wurden nicht zwecklos durchlaufen. Aus ihnen wurde vielmehr in Generationen ein Erfahrungsschatz gesammelt, der es ermöglichte, Maschineneinheiten mit immer verbesserten Arbeitsleistungen zu entwickeln. Geblieben ist bei allem Wandel das Streben nach neuen Erkenntnissen und nach immer besseren Leistungen. So zeigt sich die Werkzeugmaschine der MFD in ihrer jetzigen Gestalt als eine Summe von Wissen, Erfahrung und Fachkönnen, die höchste Leistungen verbürgt.

Die Bezwingung der Lasten

Die Abteilung „Allgemeiner Maschinenbau" der MFD beschäftigt sich mit dem Problem der Lastenbewältigung. Seine Vielfalt und das Wie der Lösungen zu verfolgen, gewährt einen besonderen Reiz. Äußerst verschiedenartig sind die Aufgaben und Lösungsmöglichkeiten bereits im Kranbau, einem Gebiet, dem die MFD sich in immer größerem Umfang widmet. Ein Sondergebiet, das bei der MFD seit langem erfolgreich bearbeitet wird und bei dem ebenfalls Krane verwendet werden, bilden die Bekohlungsanlagen für Lokomotiven. Ein anderes Gebiet der Lastenbewältigung stellt das Aufgleisgerät für Eisenbahnfahrzeuge aller Art dar. Diese Geräte baut die MFD seit langen Jahren und hat sie zur Vollkommenheit entwickelt. Weitere Arbeitsgebiete der Lastenbewegung sind die Drehscheiben und Schiebebühnen, mit deren Bau sich die MFD ebenfalls seit Jahrzehnten befaßt. Zum Arbeitsbereich der Abteilung „Allgemeiner Maschinenbau" gehören ferner die Lokomotiv- und Wagenhebeböcke sowie Lokomotiv- und Wagenachssenken. Und mit immer größerem Erfolg hat sich die MFD auf dem Gebiet der Kokereimaschinen durchgesetzt. Dieses Erzeugungsprogramm der Abteilung „Allgemeiner Maschinenbau" zeigt, wie vielseitig und interessant die Aufgaben sind, die sich hier stellen.

Der Schlüssel des Eisenbahnverkehrs

Das dritte Aufgabengebiet der MFD ist der Weichenbau, dem sich das Werk schon bald nach seiner Gründung zugewandt hat. Der Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes nach 1870 bot hierfür große Möglichkeiten. Außer den staatlichen Eisenbahnen traten Privat-, Klein-und Nebenbahnen als Auftraggeber hervor, ferner auch die deutsche Industrie, für die der Anschluß an die Eisenbahn eine Lebensnotwendigkeit war. Auch das Ausland brachte hier wichtige Aufträge und mit ihnen weitere Erfahrungen und wertvolle Einblicke. Um die Jahrhundertwende entstanden in den Großstädten die Straßenbahnen, die mit ihren Rillenschienen ganz andere technische Forderungen an Oberbau und Weichen stellten. Auch dieses Gebiet hat die MFD gepflegt, nachdem im Jahr 1929 die Dortmunder Firma Both & Tilmann von ihr übernommen worden war. Später wurde der eigentliche Straßenweichenbau wieder aufgegeben. Der Bau von Rillenschienenweichen für normalspurigen Güterwagenverkehr in eingepflasterten Werkshöfen wird bis heute betrieben. Die Weichen sind das Herz jeder Gleisanlage. Denn sie verzweigen die Gleise und verbinden sie zu einem sinnvollen Adernetz. Nicht aus Zufall nennt man in einer Weiche den für die Betriebssicherheit wichtigsten Teil das Herzstück oder das Weichenherz. Der Außenstehende kennt von der Weiche nur ihre ver-bindende und ablenkende Aufgabe. Er würde bei näherem Einblick in dieses schwierige und umfangreiche Arbeitsgebiet sehr erstaunt sein über die Vielfalt der Aufgaben, die sich hier stellen. Die MFD verfügt im Weichenbau über eine Tradition von vielen Jahrzehnten und damit über einen Schatz von Erfahrungen und einen Stamm hochwertiger Fach-kräfte als wichtigste Voraussetzung für ein Erzeugnis, das allen Anforderungen der Auftraggeber im In- und Ausland gerecht zu werden vermag.

In der Jugend der Technik

Es gibt ein zeitgenössisches Gemälde von der Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth am 7. Dezember 1835, das sich schwer ohne ein kleines Lächeln betrachten läßt. Das Lächeln wird weniger dem wie ein Spielzeug anmutenden Bähnlein gelten als vielmehr dem stolzen Pathos des freistehenden Lokomotivführers im Zylinder, während die Fürstlich-keit im Dreispitz die Festrede entgegennimmt. Aus diesem Bild spricht der ganze Stolz auf die neue „Errungenschaft". Die Schwellen und Schienen sind genau abgebildet. Sie liegen zur ebenen Erde, und man weiß, daß die Schienen Meter für Meter säuberlich zusammengestückt worden sind. Ihre Schmächtigkeit wirkt selbst auf dem Bild erheiternd. Das war noch nicht 40 Jahre vor Gründung der MFD. In diesen 40 Jahren aber wurde die Eisenbahn mit immer wachsender In¬tensität der Schrittmacher der technischen Entwicklung, die der damaligen Zeit mit Recht gewaltig erschien. Freilich konnte keiner ahnen, daß dieses alles erst ein Anfang war. 15 Jahre nach der Einweihung der Nürnberg-Fürther Linie lagen in Deutschland bereits 6000 km Schienenstränge. Man hat später das hierfür verwendete Material auf 450 t Eisen für den Kilometer errechnet, einschließlich des Fahrmaterials. Das ergibt einen Mehrbedarf von 2700000 t Eisen in der kurzen Spanne von anderthalb Jahrzehnten - für jene Zeit eine gewaltige Zahl. Im Gründungsjahr der MFD, im Jahre 1872, ergab sich bereits ein sehr eindrucksvolles Bild. Die Streckenlänge war inzwischen auf 20000 km gewachsen. Die Schienen wurden jetzt nicht mehr aus Eisen sondern bereits aus Bessemer-Stahl angefertigt, der freilich noch den doppelten Preis wie das Eisen erzielte. Borsig hatte schon mehr als 2000 Lokomotiven gebaut, die sich wie die Waggons erheblich der Form näherten, die uns heute vertraut ist. Hand in Hand mit dieser technischen Entwicklung gingen die Bestrebungen, das Eisenbahnwesen, das sich noch vorwiegend in Händen von Privatgesellschaften befand, zu vereinheit-lichen, woraus sich neue starke Impulse ergeben mußten. Bismarck führte in diesen Jahren einen schweren Kampf gegen die einzelnen deutschen Staaten, und zwar mit wachsendem Erfolg. Es war unter diesen Umständen nur natürlich, daß Fachleute wie Publikum weitere stürmische Fortschritte erwarteten.
Längst richtete sich die Aufmerksamkeit nicht mehr allein auf die Eisenbahnen. Ihre Entwicklung wurde begleitet von dem Aufblühen vieler neuer Industrien. In steigendem Maß suchte man sich in Deutschland vom Ausland, insbesondere von England zu lösen, das in seiner technischen Entwicklung damals allen Ländern der Welt weit voraus war. Vor allem besaß es eine fast monopolartige Stellung im Werkzeugmaschinenbau. Dieses Monopol zu brechen, beschäftigte nun in steigendem Maß die deutsche Industrie, da ungeheure Beträge für derartige Maschinen nach England flössen. Hier ging es also gleichzeitig um ein technisches und ein merkantiles Problem. Viele meinten freilich damals, daß der englische Vorsprung auf diesem Gebiet nicht mehr aufzuholen sei. Es darf an diesem Punkt allerdings nicht übersehen werden, daß trotz der hier geschilderten Entwicklung das Leben, insgesamt betrachtet, noch auf alten und keineswegs schnell befahrenen Gleisen lief. Weite Kreise in Stadt und Land lebten noch geruhsam „nach der Väter Art". Nach wie vor schätzte man Ruhe und Beschaulichkeit. Noch für Jahrzehnte blieben die Landstraßen die Domäne der Pferde, blieb der Himmel rein von Flugzeugen. Die Beleuchtung lieferte in Städten und Dörfern weitgehend die Petroleumlampe. Von den Möglichkeiten der Elektrizität ahnten selbst die Techniker noch wenig. Fast alle umwälzenden Erfindungen, nicht zuletzt die phantastischen und tragischen Entwicklungen der Waffentechnik, sind zusammengepreßt in diese letzten 80 Jahre der Mensch-heitsgeschichte. Es will deshalb etwas bedeuten, wenn es einem Unternehmen gelungen ist, solche Wandlungen und Wirrungen zu überstehen. Es war auch nur denen beschieden, die von Anbeginn über eine gesunde Grundlage und über echte Einsichten in die großen wirtschaftlichen Zusammenhänge verfügten.

Die Gründung in der Gründerzeit

Die Gründung der MFD fällt in eine Zeit, die unter dem Namen „Gründerzeit" in die Wirtschaftsgeschichte eingegangen ist. Aus dieser Zeit heraus müssen die Vorgänge verstanden werden, die zur Gründung des Unternehmens und zu seinen ersten und gewichtigen Schwierigkeiten führten. Die MFD verdankt ihre Entstehung nicht, wie es bei so vielen anderen Unternehmungen der Fall war, vagen Unternehmer-Vorstellungen oder der Absicht, überschätzte Erfindungen auszuwerten, sondern dem Umstand, daß Männer, die bereits Rang und Namen in der Industrie besaßen, sich zusammenfanden, entschlossen, die großen sich anbietenden Möglichkeiten zu nutzen. Es waren dieses der Obermaschinistenmeister Julius Weidtmann der Köln-Mindener Eisenbahn, von dem die Initiative zur Gründung ausging, ferner der Geheime Kommerzienrat Albert Borsig aus Berlin, der Kommerzienrat Louis Baare aus Bochum, der Kommerzien¬rat Jean Maria Heimann aus Köln und Gustav Adolph Waldthausen aus Essen - ein Gremium also, das sich zeigen durfte, das an sich schon ein Programm bedeutete. Es ist von hohem Interesse, sich einmal vorzustellen, wie diese Männer damals ihre Zeit sehen mußten. Es war eine der seltsamsten Zeiten der Wirtschaftsge¬schichte. Aus Frankreich floß nach Deutschland der Milliarden-Goldstrom der Kriegsentschädigung für den verlorenen Krieg von 1870/71 mit dem Ergebnis, daß nicht nur Narren und Toren den Kopf verloren. Bereits mit dem Ausgang des Krieges setzte das „Gründungsfieber" ein. Viele dieser Gründer versprachen sich goldene Berge. Im Mittelpunkt des Interesses standen noch immer die Eisen¬bahnen, die unter den veränderten politischen Verhältnissen nur noch größere Bedeutung gewinnen konnten. Es gab noch genug kleine und auch größere Städte, die keine Eisenbahnverbindung besaßen. Für die Eisenindustrie glaubte man ungefähr an eine „ewige Konjunktur".
Im Jahr 1871 wurden allein in der Montan- und Maschinenindustrie 48 Aktiengesellschaften mit 172 Millionen Mark Grundkapital gebildet, 1872 waren es 105 Neugründungen mit einem Gesamtkapital von 300 Millionen Mark, während im folgenden Jahr sich bereits ein gänzlich anderes Bild ergab. Bei diesen Gründun¬gen war, im Gegensatz zu früheren Zeiten, ausländisches Kapital kaum beteiligt. Aus den Eingängen der französischen Kriegsentschädigung waren die Anleihen des Norddeutschen Bundes und der Süddeutschen Staaten zurückgezahlt worden, Hunderte von Millionen wurden plötzlich flüssig. Dieses Geld suchte nun Anlage und fand sie so gut, daß die Nachfrage das Angebot weit überstieg. Was damals an Agiotage und Jobberei betrieben wurde, ist eine Geschichte für sich. Das Aktiengesetz erwies sich als unzulänglich. Es gab weder einen Prospekt¬zwang noch Gründerhaftung. Aktionäre und Gläubiger waren praktisch ohne Sicherungen. Die eingebrachten Werte wurden meist übermäßig hoch einge¬schätzt. Das war die rechte Zeit für Glücksritter und Spekulanten und für die Schwindler, die denn auch zahlreich in Erscheinung traten. Treitschke sagt von dieser Zeit, es habe den Anschein gehabt, als ob die Grenzen der menschlichen Dummheit sich ins Unermeßliche erweitert hätten. Auf welcher soliden Grundlage hiergegen die MFD vom Tage ihrer Gründung an aufgebaut wurde, mögen die folgenden Betrachtungen zeigen. Es wird am 12. November 1872 ein Gesellschaftsvertrag geschlossen und laut Verfügung vom 21. November beim Amtsgericht in Dortmund eingetragen zur Errichtung einer Aktiengesellschaft, welche die damals fast ausschließliche Rechtsform aller Neu¬gründungen war. Das Grundkapital wurde auf 600000 Taler festgesetzt. Die Firma erhielt den Namen Maschinenfabrik Deutschland Aktiengesellschaft, Dortmund. Als Zweck der Gründung wurden angegeben die Errichtung und der Betrieb einer Maschinenfabrik mit Eisengießerei, vorzugsweise zur Herstellung von Werkzeugmaschinen, Spezialitäten für Eisenbahnbedarf sowie der Betrieb aller derjenigen Geschäfte, die hiermit in Verbindung stehen. Das war ein klares und fest-umrissenes Programm, aus dem bereits hervorging, daß hier Techniker ans Werk gingen, die sich viel zutrauen durften. Es kam nun alles darauf an, mit welchem Geist die Form erfüllt wurde. Es verlohnt sich deshalb, die Gründer näher zu betrachten, und zwar nicht nur, weil sie der MFD Form und Leben gaben, sondern weil sie zugleich bedeutsame Repräsentanten ihrer Zeit waren, von denen sich noch heute manches lernen läßt.

Der Obermaschinenmeister

Der Obermaschinistenmeister der Köln-Mindener Eisenbahn Julius Weidtmann führte nach unseren heutigen Begriffen einen recht bescheidenen, wenn auch langen Titel. Er war in Wirklichkeit der Leiter des Maschinenwesens der Köln-Mindener-Eisenbahn-Gesellschaft, der bedeutendsten Privatgesellschaft jener Zeit. Sie konnte in diesem Jahr 1872 schon auf das für eine Eisenbahngesellschaft ganz ehrwürdige Alter von 25 Jahren zurückblicken und betrieb seit dem Jahr 1848 ihre Hauptwerkstätten, in denen sogar große Brücken gebaut wurden, in Dortmund, was hier nicht ohne Bedeutung ist.
Julius Weidtmann, zur Zeit der Gründung ein Mann von 51 Jahren, stammte aus Neuwied und war von Jugend auf der Technik verschworen. Im Herbst 1836 fuhr er nach Berlin zum Studium an dem königlichen Gewerbeinstitut, aus dem später die technische Hochschule hervorging. Er fuhr, wie es sich verstand, mit der Postkutsche und verzeichnete in seinem sorgfältig geführten Tagebuch, daß er für die Fahrt von Köln nach Berlin drei Tage und vier Nächte benötigte. Weidtmann gehört fraglos zu den großen Ingenieurgestalten, die, wie die meisten dieser Männer, bescheiden der Sache dienten und hinter ihrem Werk zurücktraten. Er war in vielen Sätteln gerecht. Von ihm stammt der Entwurf zum Bau der Kölner Eisernen Rheinbrücke, mit deren Bau im Jahr 1856 begonnen wurde. Damals war Weidtmann ein junger Mann von 35 Jahren. Die Einzelteile wurden in den Dortmunder Werkstätten angefertigt, und zwar mit den einfachsten Hilfsmitteln, und die Brücke erfüllte ihre Aufgabe für lange Zeiten. Weidtmann nahm auch Einfluß auf den Lokomotivbau und trug zur Entwicklung der Schnellzuglokomotive bei. Dieses Interesse führte ihn mit Albert Borsig zusammen. Ferner schuf er die ersten Präzisionsapparate zur genauen Herstellung von Löchern und Bolzen, also Werkzeugmaschinen, die für den Eisenbahnbedarf von großer Wichtigkeit waren. Er konstruierte Manometer, Geschwindigkeitsmesser für Lokomotiven, Kugeldrehapparate, Versuchsmaschinen zur Prüfung der Einflüsse der Rotation auf einseitig gespannte Werkstücke und vieles mehr. Das also war der Mann, der über die Gründung der MFD in sein Tagebuch folgendes eintrug: „Im Jahr 1872 begründete ich mit einer kleinen Anzahl befreundeter Herren die Maschinenfabrik Deutschland. Es sollte mit den solidesten Grundsätzen eine Muster-Maschinenfabrik unter meiner Leitung als General-direktor werden, vorzugsweise für Werkzeugmaschinen und spezielle Eisen-bahnbedürfnisse". Das hörte sich freilich nicht nach Spekulation an, sondern war grundsolide wie Weidtmanns ganze Art. Schon hier tritt zutage, daß das Unternehmen mit den typischen Gründungen der Gründerzeit nicht das geringste zu schaffen hatte. Die noch vorhandene Photographie Weidtmanns spiegelt das Wesen dieses Mannes in höchst eindrucksvoller Weise wider. Selbst auf dem Bild erkennt man, daß sein Blick etwas von innen her Leuchtendes besaß, während der langgeschwungene Mund Zielsicherheit und Charakterfestigkeit einer ungewöhnlichen Persönlichkeit zum Ausdruck bringt.

Der Lokomotivkönig

Als die MFD ins Leben gerufen wurde, war August Borsig, der Gründer der weltberühmten Lokomotivfabrik, schon 18 Jahre tot. Der alte Borsig hatte das Glück gehabt, in seinem Sohn Albert einen Nachfolger zu besitzen, der sich seinem Vater ebenbürtig zeigte. In den 70er Jahren waren die Borsig-Werke die größte Lokomotivfabrik der Welt. Albert Borsig, von vornherein für seine große Lebensaufgabe erzogen, hatte eine hervorragende Ausbildung genossen, die alle seine reichen Anlagen zur Entfaltung brachte. Er bewies in allen seinen Unternehmungen, daß er es ausgezeichnet verstand, von der Plattform aus, auf die ihn das Werk seines Vaters gestellt hatte, weiterzuwirken. Dabei beschränkte sich sein beweglicher Geist nicht auf den Lokomotivbau, sondern gab auch dem deutschen Maschinenbau und Hüttenwesen starke Antriebe. Für die MFD ist die Gestalt Albert Borsigs von hoher Bedeutung, wenn sein früher Tod im Jahr 1878 ihm auch eine längere Einflußnahme auf das Unternehmen verwehrte. Er bestimmte nicht nur wesentlich die Aufgaben mit, die sich die MFD in diesen ersten Jahren ihres Bestehens stellte, sondern hat fraglos in der großen Krise, die bald alle Erwartungen von der „ewigen Konjunktur" über den Haufen werfen sollte, seine starke Hand über dem Unternehmen gehalten. Denn als die industrielle und finanzielle Welt in Deutschland in ihren Grund¬festen bebte, blieb der Borsigsche Kredit von diesen fast das gesamte Wirtschaftsleben ergreifenden Erscheinungen völlig unberührt.
Albert Borsig wurde der Vorsitzende des Aufsichtsrats der MFD. Das erste Pro-duktionsprogramm zeigt deutlich den Einfluß Weidtmanns und Borsigs. Beide hatten die engsten Beziehungen zur Eisenbahn, ihr wandte sich auch in dem neuen Unternehmen das Hauptinteresse zu. Diese enge Beziehung ist bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Sie wirkt sich in jeder Abteilung der MFD aus.

Die Kaufleute

Unter den Kaufleuten, die an der Gründung der MFD beteiligt waren, ist die Gestalt Louis Baares vielleicht die markanteste Erscheinung. Er war einer der Männer, die von sich sagen dürfen, daß sie alles, was sie im Leben erreichten, sich selbst zu verdanken haben. Auch er war der Eisenbahn aufs engste verbunden und ist mit ihr und durch sie zu seiner bedeutenden Stellung in der Industrie aufgestiegen. Schon als 33jähriger hatte er im Bremer Eisenbahndienst eine verantwortliche Stellung. Bei den großen Warenumschlägen der Freien Hansestadt Bremen mit den Staaten des Zollvereins benötigte sie einen Mann von besonderen kaufmännischen Fähigkeiten und fand ihn in dem Mindener Güterinspektor Baare. Das geschah im Jahr 1854. Von hier führte ihn sein Weg sehr bald zum Bochumer Verein, unter seiner Leitung die bekannte großartige Entwicklung nahm. Von dieser Stellung aus gelangte Baare zu einer umfassenden Wirksamkeit, die ihn dann auch an der MFD Interesse nehmen ließ.
Jean Maria Heimann, der Enkel des ersten Präses des Kölner Handelsvorstandes, hatte von Hause aus enge Beziehungen zur rheinisch-westfälischen Industrie. Mit Baare verband ihn eine langjährige persönliche Freundschaft,- wie er gehörte Heimann dem Bochumer Verein an, dessen Verwaltungsrat er 30 Jahre hindurch präsidierte. Jetzt fand er sich auch in der MFD mit Baare zusammen.
Gustav Adolph Waldthausen stammte aus einem alten Essener Kaufmannsgeschlecht. Als Inhaber des Bankkontors G. A. Waldthausen beteiligte er sich an der Gründung der MFD.
Das also waren die Männer, die die Geschicke des jungen Unternehmens bestimmten. Selbst sie wußten nicht, wie schwierig sich der Anfang gestalten sollte.

Bewährung in der großen Krise

Schon einmal hatte die alte Freie Reichs- und Hansestadt Dortmund eine Gründerzeit und eine Gründerkrise erlebt. Diese erste Gründerzeit umfaßte die Jahre 1855 und 1856. In ihr wurden allein in Dortmund 23 Aktiengesellschaften mit einem Kapital von 53 Millionen Mark gegründet, darunter Unternehmungen, die später weltbekannt wurden, wie zum Beispiel die Harpener Bergbau A.G.. Damals zählte Dortmund 20000 Einwohner. Aber schon im Jahre 1858 kam der große Rückschlag, der eine erhebliche Arbeitslosigkeit mit sich brachte und viele Dortmunder Bürger ihre Ersparnisse kostete.
Im Gründungsjahr der MFD gab es viele und stichhaltige Gründe für die Überzeugung, daß sich für ein Unternehmen, das über die besten Verbindungen zur Eisenbahn verfügte und das entschlossen und fähig war, dem englischen Werk-zeugmaschinenbau eine eigene Produktion entgegenzusetzen, für Jahre hinaus gute Absatzmöglichkeiten finden mußten. Selbst weitblickende und erfahrene Männer der Wirtschaft ließen sich täuschen. So erzählte der Gründer des Stahlwerkes Hoesch, Leopold Hoesch, rückschauend, daß man damals ernsthaft die Frage diskutiert habe, ob überhaupt in der Welt genug Kohle und Koks vorhanden wären, um das für die Produktion notwendige Roheisen herzustellen. Der allgemeine Optimismus ließ sich auch gut mit Zahlen untermauern. So hatte sich in einem Zeitraum von einem Jahrzehnt die Einwohnerzahl von Dortmund ver¬doppelt! Und in anderen Großstädten sah es nicht anders aus. Im Bezirk der Handelskammer Dortmund stieg die Roheisenerzeugung, die 1133 761 Zentner im Jahre 1868 betragen hatte - damals rechnete man noch in Zentnern - auf über das Doppelte im Jahr 1872. Am eindrucksvollsten vielleicht spiegelt sich der Aufschwung im Wachstum der Gußstahlproduktion wider. Die gesamte Erzeugung 1868 betrug 99697 Zentner, wovon auf Bessemer-Stahl allein 95247 Zentner entfielen. Ende 1873 war sie auf 853110 Zentner gestiegen, davon 463293 Zentner Bessemer-Stahl.
Die große Krise kam, wie es zu sein pflegt, über Nacht und setzte mit einer Finanzkrise ein. Am 29. März 1873 notierte die Berliner Börse die höchsten Kurse. Am 31. März kam der erste Rückschlag, der sich im April fortsetzte. Am 9. Mai folgte „der große Krach", der das Spekulationsgebäude zum Einsturz brachte. Von der Börse griff die Krise auf das Gründergeschäft über, der Zustrom des Kapitals stockte unvermittelt vollkommen. Und gegen Ende dieses Unheiljahres wurde offenbar, daß sich auch für die Produktion die Lage völlig geändert hatte. Die Aufträge, mit denen die Eisenindustrie bis dahin förmlich überschwemmt worden war, blieben aus.
Die Krise traf die MFD mitten im ersten Aufbau. Die Fabrik war im „Oesterholz", einem Gelände im Norden der Stadt, errichtet worden. Die Gesellschaft hatte Grundstücke von 850 ar erworben und mit diesem großzügigen Kauf zum Ausdruck gebracht, daß sie auf weite Sicht plante. Tatsächlich konnte bis in die jüngste Zeit hinein der räumliche Bedarf befriedigt werden. Nun stellte die große Krise das junge Unternehmen vor schwere Aufgaben und Entscheidungen. Als im Dezember des Jahres 1873 die eigentliche Fabrikationstätigkeit mit einer Belegschaft von 84 Mann aufgenommen werden konnte, war für ein Jahrzehnt die Zeit der lohnenden Aufträge vorbei. Die ersten Erzeugnisse wurden in dem Geschäftsjahr 1874/75 verkauft und brachten einen Erlös von 130000 Mark. Die Überwindung der ungewöhnlichen Schwierigkeiten ist ohne Frage ein Verdienst von Julius Weidtmann, der freilich sein ganzes Können und seine große Tatkraft einsetzen mußte, um der Lage Herr zu werden. Auf manchen Plan, den man bei der Gründung gefaßt hatte, mußte man nun verzichten. Vor allem ließ sich die Produktion von Werkzeugmaschinen in diesen ersten Jahren nicht in dem beabsichtigten Umfang durchführen. Es galt, den Kampf um die Existenz aufzunehmen und nach jedem Auftrag zu greifen, der sich bot. Je weiter die Zeit fortschritt, desto deutlicher trat zutage, daß sich auf eine schnelle Besserung der Geschäftslage nicht rechnen ließ. Der akuten Krise folgte die dauernde Depression, die weit in die 80er Jahre hinein währte. Das ganze Preisgefüge geriet ins Wanken. Bessemer-Stahlschienen kosteten im Jahre 1874 nur noch 252 Mark je Tonne gegen 408 Mark im Vorjahr. Gleichzeitig stürzten die Rohstoffpreise von ihrer Höhe, von England geliefertes Roheisen von 190 auf 82 Schilling, Kohle von 18 auf 4,60 Mark und der Koks sogar von 54 auf 9 Mark. Schon im Jahr 1876 erforderten von 154 Gewerkschaften des Oberbergamtsbezirkes 100 Zubußen in Höhe von 12,8 Millionen Mark. Im Jahr 1877 verzeichneten von 55 deutschen Eisenhütten-Gesellschaften 30 eine Unterbilanz von zusammen über 28 Millionen Mark. Im Jahr 1879 schien sich eine Besserung anzubahnen im Zusammenhang mit der großen Schwenkung der deutschen Zollpolitik, die grundsätzlich das Freihandelsprinzip aufgab und zum Schutzzoll überging. Es kam aber nur zu einer vorübergehenden Belebung, die Preise zogen ein wenig an, bald aber fiel der Markt in seine alte Lethargie zurück.
In diesen schweren Jahren gestaltete sich das Produktionsprogramm der MFD bunt genug. Es wurden Weichen, Krane, Drehscheiben, Schiebebühnen und auch Werkzeugmaschinen gebaut, aber auch ein Hallendach für den Personenbahnhof in Hoechst, eine Brücke für die Berliner Verbindungsbahn und eine eiserne Kuppelkonstruktion für eine Kirche in Amsterdam. Die Aufträge brachten zwar Beschäftigung, aber keinen Gewinn, da sie nur zu sehr niedrigen Preisen herein¬genommen werden konnten. Der Lage wurde dadurch Rechnung getragen, daß man sich im Oktober 1878 entschloß, das Aktienkapital um die Hälfte herabzusetzen. Das Ziel aber, das Julius Weidtmann sich gesteckt hatte, wurde erreicht. Die MFD teilte nicht das Schicksal der vielen Unternehmungen, die ihre Pforten schließen mußten. Sie fand den Anschluß an die großen Entwicklungsmöglichkeiten der späteren Jahre. Weidtmann bezahlte diese Anstrengungen mit seiner Gesundheit und schied auf seinen Wunsch am 1. Juli 1882 nach zehnjähriger Wirksamkeit aus dem Vorstand der Gesellschaft aus. In seinem Tagebuch fand sich folgende Eintragung, die für den Mann und sein Werk charakteristisch ist: „Bei der Bildung der Gesellschaft war die Industrie in höchster Blüte, als wir aber so weit waren, an die Übernahme von Aufträgen denken zu können, kam der große, lang an¬dauernde Krach. Es handelte sich nun darum, die Sache über Wasser zu halten, ohne den festen Vorsatz aufzugeben, den guten Namen der Fabrik für die Zukunft zu sichern. Die Überanstrengungen und die Sorgen hatten die eisenfeste Gesundheit die mir der liebe Gott gegeben hatte, so sehr ins Wanken gebracht, daß ich, um mich meiner Familie noch zu erhalten, meine Stelle niederlegte. Es fingen demnächst bessere Zeiten an, und der Same, den ich mit so viel Sorgen und Mühe gesät hatte, konnte dann unter der Direktion der gebliebenen bewährten Kräfte Früchte tragen"

Der Aufstieg des Werkes

In dem Jahr, das dem Rücktritt Julius Weidtmanns folgte, konnte die MFD die erste Dividende ausschütten. Mehr noch über das Wirken dieses Mannes sagt die Tatsache aus, daß im Jahr 1882 die Arbeiterzahl auf 220 gestiegen war, das beste Zeichen für das Wachstum und den folgerichtigen Ausbau des Werkes. In die Nachfolge Weidtmanns teilten sich seine beiden engsten Mitarbeiter, der Ingenieur Christian Lichthardt und Franz Gahlen. Im Aufsichtsrat war bereits an Stelle Albert Borsigs der Bankier Jean Maria Heimann getreten. An Baulichkeiten standen zu dieser Zeit der MFD eine Halle für den Werkzeug¬maschinenbau und für den allgemeinen Maschinenbau zur Verfügung, eine weitere für den Weichen- und den Drehscheibenbau, ferner ein Kesselhaus und ein Wasserturm, dazu ein kleines Bürogebäude und verschiedene Schuppen-Einrichtungen, die für lange Jahre genügt hatten. Erst im Jahr 1889 wurde die Errichtung einer Gießerei beschlossen im Hinblick auf den großen Bedarf an Gußstücken für die einzelnen Produktionszweige. Im März 1891 konnte in dieser Gießerei, die heute noch ein Kernstück des Unternehmens ist, der erste Guß vorgenommen werden. Man versäumte nicht, eine Tafel zu gießen, die an dieses Ereignis erinnern sollte. Sie wurde mit einem treuherzigen Vers versehen, wie es dem Zeitgeschmack entsprach:

Was vor Jahren wurde projektiert
ist heute glücklich ausgeführt
Mag uns der Guß stets gut gelingen
und Ehr´und Ruhm uns für der bringen

Die Besserung der Geschäftslage machte es nun möglich, von der Annahme im Grunde betriebsfremder Aufträge abzusehen und sich auf das ursprünglich ge-plante Fabrikationsprogramm zu konzentrieren, das heißt also vor allem auf die Maschinen- und Weichenfabrikation. Noch unter Weidtmann hatte man mit dem Bau von Apparaten zur Erzeugung künstlicher Kohlensäure und von Eismaschinen nach dem Patent von Raydt begonnen. Eine bedeutende Rolle spielte damals schon die von der MFD entwickelte Spezialdrehbank für die Bearbeitung von Radscheiben und Radreifen. Sie arbeitete noch mit unverkleideten Zahnrädern, deren Zähne roh, wenn auch mit einer meisterhaften Gießtechnik gegossen waren. Im Jahr 1885 wurde ein neues System der Zentralweichen-stellung auf den Markt gebracht, das sich gut bewährte. Fünf Jahre später trat die MFD mit einem patentierten Doppelschablonensupport hervor für selbsttätige Radreifenbearbeitung, die eine vollkommene Umwälzung auf diesem Gebiet hervorrief und den Anstoß zur vorzugsweisen Herstellung von Radsatzdreh-bänken gab, ein Gebiet, auf dem die MFD auch heute noch führend ist. Diese erfolgreiche technische Entwicklung stellte auch an die Werkseinrich-tungen gesteigerte Anforderungen. Die baulichen und maschinellen Anlagen müßten erweitert und verbessert werden. Im Jahr 1898 wurde deshalb eine neue Montagewerkstatt errichtet, im Jahr 1900 kam eine Werkzeugschlosserei hinzu. Die Gleisanlagen wurden ausgebaut und Gleisverbindungen mit den Lager-plätzen geschaffen. Um die für diesen Ausbau notwendigen Mittel zu erhalten, wurde eine Anleihe aufgenommen und das Aktienkapital erhöht. Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, daß diese Zeit um die Jahrhundertwende frei von Sorgen gewesen wäre. Der allgemeine unleugbare industrielle Aufstieg vollzog sich in der Form heftigster Konkurrenzkämpfe, bei denen es häufig genug auf Biegen und Brechen ging. Gegner traten mit Kampfpreisen auf den Markt, um die mißliebige Konkurrenz unter allen Umständen niederzuringen. Die inzwischen meist verstaatlichten Bahnen gingen dazu über, zum Beispiel Weichen in eigenen Werkstätten zu bauen. Sie mußten freilich schon bald wieder die Privatindustrie heranziehen, da der Bedarf sich als zu groß erwies.
Im Jahr 1897 konnte die MFD auf ihr 25jähriges Bestehen zurückblicken. Die folgende Übersicht verdeutlicht die Entwicklung des Unternehmens in diesem Zeitraum.

JahrArbeiterzahlErzeugungDividenden
1874/7584130000 Mark
1882/83220842600 Mark3 v. H.
1892/933451109000 Mark6 v. H.
1896/974201552545 Mark8 v. H.

Im neuen Jahrhundert verschärfte sich der Konkurrenzkampf noch, vor allem im Zusammenhang mit dem großen Konjunktureinbruch des Jahres 1901. Trotzdem ist es in dieser Zeit gelungen der MFD eine angesehene Stellung in der Industrie zu sichern. Ihre Erzeugnisse erfreuten sich eines ausgezeichneten Rufes. Das Produktionsprogramm stellte sich jetzt in klarer Gliederung dar als Werkzeugmaschinenbau allgemeiner Maschinenbau und Weichenbau. Das Absatzgebiet erstreckte sich nicht mehr allein auf den deutschen Raum, sondern im steigenden Maß auch auf die Märkte des Auslandes. Man durfte mit Zuversicht in die Zukunft blicken.

Fusion mit Hoesch

Die wichtigsten Rohstoffe, die bei der MFD zur Verarbeitung kommen, waren von jeher Walzeisen, Bleche und das Roheisen für die Gießerei. Außerdem bestand naturgemäß ein laufender großer Bedarf an Kohle. Die Sicherstellung ihres immer wachsenden Rohstoffbedarfs war eine ständige Sorge der einzelnen Industriewerke. In diesen Sorgen hatten die Konzernbildungen und Fusionen, die für jene Zeit charakteristisch sind, vorwiegend ihre Ursachen. Auch in der Leitung der MFD setzte sich die Überzeugung durch, daß nur diejenigen Werke gegen die Wechselfälle der Konjunktur hinreichend geschützt sein würden, die auf die Dauer über die ausschlaggebenden Rohstoffe, Kohle und Eisen, zu den günstigsten Bedingungen verfügten.
Schon seit langem bezog die MFD ihr Walzmaterial überwiegend von Hoesch, während umgekehrt die MFD die in der Hütte benötigten Kokillen und mancherlei Einrichtungen und Maschinen zu liefern in der Lage war. Weiter sprach für den Zusammenschluß der seit langem zwischen den beiden Gesellschaften schwebende große Bergschadenprozeß, der außerordentlich komplizierte Rechtsfragen aufgeworfen und sehr erhebliche Kosten verursacht hatte. Der Übergang zu Hoesch wurde 1911 in der Weise vollzogen, daß die Aktiengesellschaft Maschinenfabrik Deutschland in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt wurde. Die Aktien der MFD wurden gegen neue Hoeschaktien umgetauscht.
Das Eisen- und Stahlwerk Hoesch, das im Jahr 1871 gegründet wurde, berührte von seinem Entstehen an Interessen der MFD. Seine Geschichte ist eng verbunden mit der Einführung und dem Siegeszug des Bessemer-Stahls, der für die Herstellung von Eisenbahnschienen von so großer Bedeutung wurde. Der Bessemer-Stahl schuf erst mit der Mechanisierung der Stahlherstellung die Voraussetzungen für die Massenproduktion, die nun benötigt wurde. Er brachte tiefgreifende Umwälzungen auf allen hier in Frage kommenden Gebieten mit sich. Für Deutschland bedeutete er nicht weniger als den Verlust der einheimischen Erzbasis, da das für den Bessemer-Stahl benötigte Erz sich in deutschen Gruben nicht fand. Der ruhrländische Kohleneisenstein konnte hier wegen seines hohen Phosphorgehaltes nicht verwendet werden, und der Siegerländer Spateisenstein ließ sich wegen seines hohen Mangangehaltes nicht allein verhütten. Das waren Tatsachen, die damals für die Dortmunder Hochofenindustrie Fragen auf Sein oder Nichtsein stellten. Als die Hoeschs nach Dortmund kamen, rechneten sie noch mit der Verwendbarkeit einheimischer Erze für den Bessemer-Stahl-Prozeß. Die Überwindung der sich nun ergebenden Schwierigkeiten stellte eine unternehmerische Leistung ersten Ranges dar.
In den 90er Jahren begann dann das Hoeschwerk sich in vertikaler Richtung auszudehnen, sowohl durch Errichtung neuer wie durch Angliederung bestehender Betriebe. Diese sehr umfassende Entwicklung fand ihren vorläufigen Abschluß durch den Erwerb der MFD. In diesen Angliederungen zeigte sich vor allem die glückliche Hand Friedrich Springorums. Das Aktienkapital von Hoesch vergrößerte sich in dem Zeitraum von 1871 bis 1914 von 2,4 Millionen Mark auf 28 Millionen Mark. Für die MFD brachte dieser neue Abschnitt ihrer Geschichte neue Antriebe für eine schnellere Entwicklung und den intensiveren Ausbau aller Werkseinrichtungen. Die damals getroffene Entscheidung hat sich durchaus bewährt. Das innere Gefüge der MFD wurde niemals angetastet, und das Unternehmen konnte sich auch in der Zukunft seiner Eigenart entsprechend entwickeln. Im Zuge der Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Stahl- und Eisenindustrie auf Grund des Gesetzes Nr. 27 der Alliierten Hohen Kommission wurde am 24. Juli 1952 die Maschinenfabrik Deutschland Aktiengesellschaft gegründet, deren alleiniger Aktienbesitzer die am 25. Juli 1952 neugegründete Hoesch Werke A.G. ist.

Zur Schwerwerkzeugmaschine

Vor der Erfindung der Dampfmaschine gab es, wenn man von einigen wenigen Vorrichtungen absieht, auch keine Werkzeugmaschinen im modernen Sinne. Das Bewundernswerte beim Bau der ersten Dampfmaschine war, daß sie mit den einfachsten Mitteln der Werkstatt, also mit Hammer, Meißel und Feile, hergestellt wurde. Da England die ersten Dampfmaschinen baute, wurden dort auch die ersten Werkzeugmaschinen entwickelt, um den Bau der Dampfmaschinen zu erleichtern.
Die Wiege des deutschen Werkzeugmaschinenbaus steht in Sachsen. Die ersten Erfolge, die dort erzielt wurden, sind eng verbunden mit dem Namen Johann Zimmermanns, der als Handwerksbursche im Jahr 1841 nach Chemnitz kam, um 20 Jahre später dort als Fabrikant von Werkzeugmaschinen eine entscheidende Rolle zu spielen. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts lieferte er bereits Drehbänke, Wandbohrmaschinen, Hobelmaschinen und auch Radsatzdrehbänke, für deren Entwicklung er wichtige Erfindungen gemacht hatte. Dabei war es ungeheuer schwer, sich gegen die englische Konkurrenz durchzusetzen. Lange noch galt in Deutschland die Meinung, daß nur englische Fabrikate in Betracht gezogen werden dürften.
Bei der Gründung der MFD hatte der Gedanke, Deutschland auf diesem Gebiet unabhängig zu machen, eine gewichtige Rolle gespielt. Es ergab sich dann, daß manches Lehrgeld gezahlt werden mußte. Die Sorgen Weidtmanns hatten nicht zuletzt den Werkzeugmaschinen gegolten. Die ersten Werkzeugmaschinen, die die MFD baute, verhalten sich zu einer Schwerwerkzeugmaschine, wie sie heute von dem Unternehmen geliefert wird, nicht viel anders als die erste Lokomotive, die zwischen Nürnberg und Fürth dampfte, zu einer modernen Stromlinien-Schnellzuglokomotive. Um diesen Weg zurückzulegen, bedurfte freilich auch das eigentliche Zeitalter der Technik eines Zeitraumes von einem Jahrhundert. An der Radsatzmaschine läßt sich die Entwicklung von Abschnitt zu Abschnitt verfolgen. Bald wurden die rohgegossenen Zahnräder durch genau gefräste Räder ersetzt. An die Güte der Materialien und an die Genauigkeit der Zahnformen wurden ständig höhere Anforderungen gestellt. Im Laufe der Zeit wandelten sich alle Bauteile, die Lager sowohl wie die Schmierung und die Führungen. Als die Elektroindustrie auf den Maschinenbau Einfluß nahm, verschwand der Stufenscheibenantrieb, an seine Stelle trat der Motoren-Einzelantrieb. Neue grundlegende Wandlungen wurden durch die Erfindung des Schnellstahls herbeigeführt, der die gesamten Maschinenkonstruktionen veränderte. Seine Erfindung durch Taylor und White fällt in das Jahr 1905. Dieser Stahl verlangte weit stärkere Maschinen als der bisher verwandte Werkzeugstahl. Seine Eigenart, eine Arbeitstemperatur von 500 - 600 Grad zuzulassen und dabei sogar günstigere Schneideigenschaften aufzuweisen, machte ihn für hohe Schnittgeschwindigkeiten und große Spanstärken geeignet; außerdem zeichnete er sich durch seine lange Schneidhaltigkeit aus. Der Schnellstahl führte zu einer erheblichen Verkürzung der Arbeitszeiten. Der Arbeiter mußte deshalb seine ganze Aufmerksamkeit auf das Werkstück konzentrieren. Das wieder erforderte, die Bedienung der Maschine so einfach wie nur möglich zu gestalten. Deshalb trat an Stelle des Abschmierens mit der Schmierkanne die selbsttätige Schmiereinrichtung. Der Drehzahlmesser gab die Gewähr, daß nur wirtschaftliche Schnittgeschwindigkeiten zur Anwendung kamen. Die Steigerung der Leistungsfähigkeit, die schließlich erzielt wurde, beträgt bei den Radsatzdrehbänken das 35fache der ersten Maschinen, obgleich Härte und Festigkeit des Materials erheblich zugenommen hatten. Die modernen Radsatzdrehbänke der MFD werden heute auch den höchsten Forderungen, wie sie zum Beispiel neuzeitliche Ferntriebwagen stellen, gerecht, die bei ihren hohen Geschwindigkeiten größte Genauigkeit bei der Gestaltung des Reifenprofils verlangen. Nicht geringer ist der Wandel im Drehbankbau. In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts galt eine Drehbank als besonders stark, wenn sie in der Stunde 5 kg Späne lieferte. Die ersten und schwersten Bänke der MFD zerspanten 9 kg in der Stunde. Die heutigen Maschinen der MFD gleicher Spitzenhöhe dagegen erzeugen Spanmengen bis zu 2000 kg stündlich, wozu beispielsweise bei einer Festigkeit des Werkstückes von 50-60 kg/mm2 eine Antriebsleistung von 150-200 PS erforderlich ist, während die alten mit 3-5 PS auskamen. Mit dieser Entwicklung stiegen nun auch die Abmessungen der Maschinen gewaltig an. Westfalen und das Rheinland sind das Gebiet der Schwerwerkzeugmaschinen geworden. Insbesondere wurde auch die MFD auf diesen Weg geführt. Eine große Werkzeugmaschine ist freilich nicht die maßstabliche Vergrößerung einer kleinen, sondern hat ihre eigenen Gesetze und Bauregeln, die nur in langen Mühen erarbeitet werden können. Für die Qualität der von der MFD gelieferten Werkzeugmaschinen ist es von größter Bedeutung, daß die Gußstücke in der eigenen Gießerei hergestellt werden. Das Gewicht der größten Werkzeugmaschi¬nen beträgt weit über 100 Tonnen; 70 - 80 % hiervon sind Guß aus der eigenen Gießerei. Die großen Stoßmaschinen mit 2000 mm Hub sind für die Aufnahme von Werkstücken bis 60 Tonnen gebaut. Die größten Drehbänke nehmen Werkstücke mit einem max. Gewicht von 200 Tonnen und einer Länge von 25 Metern auf. Eine neue Epoche des Werkzeugmaschinenbaues begann mit der Einführung der Hartmetallwerkzeuge. Das Hartmetall, eine deutsche Erfindung, läßt noch weit höhere Schnittgeschwindigkeiten zu als der Schnellstahl. Daraus ergeben sich große Vorteile für die Oberflächengüte bei der Feinstbearbeitung. Die Oberfläche wird so glatt und spiegelblank, daß sich in vielen Fällen eine Nachbearbeitung erübrigt. Durch die Einführung der Hartmetallwerkzeuge wurden wiederum grundlegende Änderungen des gesamten Werkzeugmaschinenbaus notwendig. Die MFD hat von jeher auch auf die Formgestaltung ihrer Maschinen großen Wert gelegt. Sie sollen kein bizarres Bauwerk sein, sondern durch ihre geschlos¬sene und ruhige Form auch die Geschlossenheit der Leistung vortragen, deren Ausdruck sie sind. Die MFD kann für sich in Anspruch nehmen, daß sie auf diesem Gebiet ihren gewichtigen Beitrag geliefert hat.

Im Zeitenwandel

Mit der Darstellung des Werdegangs im Bau von Schwerwerkzeugmaschinen in der MFD ist zugleich die Gesamtentwicklung des Unternehmens gekennzeichnet das nach Überwindung der Schwierigkeiten in der Anlaufzeit stetig und folgerichtig bis zum zweiten Weltkrieg wuchs und sich immer mehr durchsetzte. Denn zugleich wuchsen auch der allgemeine Maschinenbau und der Weichenbau und eroberten sich ihren festen Platz. Kurz vor dem ersten Weltkrieg wurde der wachsenden Bedeutung des Weichenbaus durch Errichtung einer neuen großen Halle Rechnung getragen. Dann erhielt die Gießerei ein neues Ofenhaus. An der Mindener Straße entstand ein neuer Montageschuppen und auf dem Lagerplatz die Hofkranbahn. Weitere große Neubauten waren geplant konnten aber nicht mehr durchgeführt werden, da der erste Weltkrieg ausbrach.
Der unglückliche Ausgang dieses Krieges berührte die MFD nicht unmittelbar, da sie nicht zu den Rüstungsbetrieben zählte. Den mittelbaren Wirkungen entging sie freilich nicht. Das Unternehmen befand sich wie die gesamte Industrie vor völlig leeren Rohstofflagern, die alten Handelsbeziehungen waren durchschnit¬ten und konnten erst allmählich wieder angeknüpft werden. Aber schon drei Jahre nach dem Krieg konnte an den weiteren Ausbau des Unternehmens gedacht werden. Es entstanden zwei große Hallen an der Bornstraße, die eine für den allgemeinen Maschinenbau, die andere für den Werkzeugmaschinenbau. In einer dieser Hallen wurde am 12. November 1922 das 50jährige Bestehen der MFD gefeiert, allerdings in einer Welt, die sich von der des Jahres 1872 gründlich unterschied. Die schweren inneren Wirren, die als Folge des verlorenen Krieges in Deutschland ausgebrochen waren, schwelten noch fort. Im Jahr 1923 brachte die Besetzung des Ruhrgebietes die Inflation zur höchsten „Blüte", jedes vernünftige Rechnen ausschließend. Trotzdem setzte sich der Ausbau des Werkes weiter fort.
Sämtliche Hallen wurden an die Fernheizung der Hoeschzeche Kaiserstuhl I angeschlossen, die Gießerei und die Verwaltungsgebäude wurden durch An- und Ausbauten erheblich erweitert. Weitere Hallen für den Weichenbau erwiesen sich als notwendig. Im Jahr 1927 waren die Rückschläge, die der Krieg auf allen Gebieten mit sich gebracht hatte, überwunden. Die MFD erreichte in diesem Jahr die bis dahin höchste Zahl ihres Personalbestandes mit 770 Angestellten und Arbeitern.
Im Herbst 1929 wurde die Firma Both & Tilmann G.m.b.H., die zum Hoesch-Konzern gehörte, unter die Verwaltung der MFD gestellt. Sie befaßte sich mit dem Bau von Weichen und Kreuzungen aus Rillenschienen, insbesondere für Straßenbahnen, mit dem Bau von Eisenbahngüterwagen, Kübelwagen, Selbstentladern und Kühlwagen. Auch Drehscheiben, Schiebebühnen, Förderwagen und Feldbahnmaterial gehörten zu ihrem Produktionsprogramm. Diese Übernahme erfolgte zu einer Zeit, die durch die von Amerika ausgehende Weltwirtschaftskrise neue, fast unlösliche Probleme aufwarf. Die große Krise traf Deutschland schwer, da das Deutsche Reich nach dem Krieg Auslandskapital in Höhe von mehr als 7 Milliarden Goldmark hereingenommen hatte, das nun in großem Umfang von den Gläubigern zurückgefordert wurde. Allgemein begannen jetzt die Versuche, durch Rationalisierungsmaßnahmen die Lage zu meistern. Die MFD führte in dieser Zeit die Hallen der Firma Both & Tilmann anderen Zwecken zu und gab die Erzeugung derjenigen Produkte auf, die nicht zu ihrem ursprünglichen Produktionsprogramm gehörten. Erhebliche Umsatzrückgänge waren unvermeidlich. Dann wurde die Krise abgelöst durch die Scheinkonjunktur der Friedensjahre, die bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges noch verblieben. Mit ihm begann eine Notzeit, für die auch die Geschichte des ersten Weltkrieges keinen Vergleich bot. Sie stellte das Unternehmen vor neue und unerhörte Aufgaben.

Dortmunds Katastrophen

Als der zweite Weltkrieg begann, war Dortmund eine blühende Großstadt mit 550000 Einwohnern, ein Herz- und Kernstück des großen Industriegebietes an Ruhr und Rhein. Hier, wo sich Zeche an Zeche, Hochofen an Hochofen, Werk an Werk reihte, befand sich eine auf engem Raum zusammengeballte Kraft, die in Friedenszeiten alle Vorteile dieses nahen Beieinander genoß, im modernen Krieg aber besonderen Gefahren ausgesetzt war. Zusammen mit den anderen deutschen Großstädten ist denn auch Dortmund seinem bitteren Schicksal nicht entgangen.
Da die MFD durch 80 Jahre hindurch dieser Stadt verbunden ist und am gemeinsamen Schicksal auch ihrerseits die volle Last trug, verlohnt sich ein Blick auf die Geschichte Dortmunds, die an Unglücksfällen und Katastrophen nicht arm ist, zugleich aber beweist, über welch zähe Kraft die Bevölkerung dieses an Naturschätzen reichen Landstriches verfügt. Man kann sagen, daß plötzliche Aufstiege und plötzliche Zusammenbrüche geradezu charakteristisch für die Geschichte Dortmunds sind.
Das begann bereits im 10. und 11. Jahrhundert mit einer Blütezeit, die durch zwei Angriffe auf Dortmund durch die Feinde des deutschen Kaisers ein gründ-liches Ende fand. Das 13. Jahrhundert brachte zwei Riesenbrände in den Jahren 1232 und 1297, die den neuen Wohlstand der Stadt vernichteten. Denn Stadt-brände in den mittelalterlich enggebauten Städten kamen meist einer Vernich-tung gleich. Das 14. Jahrhundert wurde für die Hansestadt Dortmund eine Zeit der höchsten Blüte, die durch die große Fehde ihr Ende fand, in der gegen Dortmund der Erzbischof von Köln, der Graf von der Mark, die Erzbischöfe von Mainz und Trier, die drei Pfalzgrafen am Rhein - im ganzen nicht weniger als 45 Landesherren standen. Zwar wurde Dortmund damals nicht erobert, aber die wirtschaftlichen Folgen waren verheerend. Gewaltig war das Elend Dortmunds im 30jährigen Krieg, indem es 20 Jahre hindurch Einquartierung ertragen mußte, die allein zur Vernichtung des Wohlstandes vollkommen genügt hätte. Am Ende dieses Krieges besaß Dortmund von den 1400 Haushaltungen kaum noch 400; 700 Häuser waren zerstört, die Stadt bildete einen Trümmerhaufen. Von diesem Schlag hat sich Dortmund fast 200 Jahre hindurch nicht erholen können. Es war eine unbedeutende Landstadt geworden. Erst 1840 setzte der neue Aufstieg ein, der aus dem Ackerstädtchen mit 4000 Einwohnern in 100 Jahren eine moderne Industrie- und Hafenstadt erstehen ließ. Das, was in diesem Jahrhundert geschaffen worden war, wurde in wenigen Stunden durch die Luftangriffe des zweiten Weltkrieges weitgehend vernichtet. In dem Zeitraum vom 5. Mai 1943 bis zum 12. März 1945 richteten sich gegen Dortmund 105 Luftangriffe, darunter 8 Großangriffe. Insgesamt sind auf Dortmund 22242 t Sprengstoff geworfen worden. Allein die ersten beiden Großangriffe riefen 9000 Brände hervor. Die Zahl der Todesopfer durch Bombenangriffe belief sich, soweit sie beglaubigt sind, auf 5579 Personen. 70 Prozent des gesamten Wohnraums wurden zerstört. Das, was Dortmund einst war, türmt sich heute vor den Toren der Stadt zu bergeshohen Schutthalden. Die durch Bomben angerichteten Schäden werden auf 6 Milliarden gute Mark geschätzt. Auch das alte Rathaus, der Stolz der einstigen Reichs- und Hansestadt, wurde vernichtet. Welchen Anteil die MFD an diesem beispiellosen Unglück zu tragen hatte, das verdeutlicht die Skizze, in die getreulich jeder Treffer eingetragen wurde. Im ganzen wurde das Werk von 78 Sprengbomben getroffen, außerdem von 1200 Brandbomben. Leichter als die Zerstörungen aufzuzählen, wäre zu berichten, was erhalten blieb. 45 Prozent der Gebäude wurden vollkommen zerstört, der Rest war schwer beschädigt. Die Dächer hatte der Luftdruck weggefegt, keine Glasscheibe war mehr erhalten. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, daß die Arbeit im Werk zuletzt vollkommen zum Stillstand kam. Dortmund war eine tote Stadt geworden.

Allen Gewalten zum Trotz

Angesichts des Trümmerfeldes, das die MFD war, erschien die Frage berechtigt, ob ein Wiederaufbau noch lohnen werde. Vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit war eine Antwort schwer zu finden. Es wurde aber sehr bald nach dem Zusammenbruch von ganz anderer Seite eine Antwort gegeben. Es fanden sich nämlich Hunderte von Arbeitern ein, die von dem entschiedenen Willen beseelt waren, wieder zu arbeiten und trotz allem den Aufbau in Angriff zu nehmen. Erleichtert wurde dieser Entschluß dadurch, daß die MFD während des Krieges nicht der Rüstung gedient hatte und darum auch nicht unter die Demontagebestimmungen fiel. Und so gab die Besatzungsmacht bereits im Mai des Jahres 1945 die Erlaubnis zur Wiederaufnahme der Arbeit. Nach den umfangreichen und langwierigen Aufräumungsarbeiten richteten sich alle Anstrengungen darauf, die Produktion so schnell wie möglich wieder aufzunehmen und an den Aufbau der zerstörten Anlagen zu gehen.
Die Mühen dieses Anfangs bleiben wohl allen, die sie miterlebt haben, unver¬gessen. In primitivster Form wurden Konstruktionsbüros und Werkstätten hergerichtet. Größtenteils mußte unter freiem Himmel gearbeitet werden, nur hier und da war es möglich, einige Räume behelfsmäßig abzudecken. Größte Schwierigkeiten bereitete es, Rohstoffe für die Fabrikation und Materialien für den Aufbau heranzuschaffen. Die Anfangsproduktion erreichte denn auch kaum 5 Prozent des Vorkriegsstandes. Hinzu kam eine vollkommen unzureichende Ernäh¬rung. Sie dauerte praktisch bis zur Währungsreform im Sommer 1948. Trotz dieser unsäglichen Schwierigkeiten steigerte sich die Produktion bis Mitte 1946 bereits auf 40 Prozent des Normalstandes. Dieses Ergebnis schließt eine Leistung in sich, auf die alle Beteiligten mit Recht stolz sein dürfen.
Neben der Produktion ging der Aufbau des Werkes weiter. In dem Jahr, in dem die MFD auf ihr 80jähriges Bestehen zurückblicken kann, sind die Schäden der großen Katastrophe im wesentlichen beseitigt. Das Kernstück des Aufbaus ist die große, 150 m lange Halle, die den Werkzeugmaschinenbau aufgenommen hat. Bei ihrer Errichtung wurden alle Erfahrungen im modernen Fabrikbau berücksichtigt. Im Seitenbau dieser Halle befinden sich die Prüf- und Kontrollräume für die Materialprüfung, die vorbildlich organisierte Meßlehren- und Werkzeugausgabe, die Werkzeugmacherei mit Härterei sowie Materiallager und Magazine. Neben dieser neuen Halle liegen die Hallen für den allgemeinen Maschinenbau und den Weichenbau, die im Jubiläumsjahr bedeutend vergrößert und ausgebaut wurden. Die Gießerei besitzt jetzt eine Kapazität von 2000 t monatlich und ist wieder in der Lage, die großen Ansprüche des Betriebes zu befriedigen und wie in früheren Zeiten die Kokillen für Hoesch und andere Stahlwerke zu liefern. In einem eigenen Gebäude arbeitet die große Modellschreinerei, die allen Ansprüchen gerecht werden kann. Im Obergeschoß der Schreinerei ist das Laboratorium für chemische Eisenuntersuchungen und Materialprüfungen noch be-helfsmäßig untergebracht. Nur ein neues Verwaltungsgebäude fehlt noch, und so ist die Verwaltung, sind die technischen Büros über das Werksgelände ver-teilt. Ihre notwendige Zusammenfassung ist eine Zukunftsaufgabe. Die Belegschaft, die nach dem Zusammenbruch 1945 auf 500 Mann zurückging, ist inzwischen wieder auf rund 1100 Arbeiter und Angestellte angewachsen. Das ist das Ergebnis eines siebenjährigen Schaffens und Wirkens, der lebendige Beweis dafür, daß niemand verloren ist, der sich nicht selbst verloren gibt.

Die Produktion Heute

WERKZEUGMASCHINEN:
Die MFD stellt heute her Werkzeugmaschinen für:
    Pressen und Biegen: Hydraulische Radsatzpressen für 300-600 t Druck, Biegemaschinen für 200 t Druck
    Hobeln und Stoßen: Horizontal- und Senkrecht-Stoßmaschinen, letztere in zwei Typen, von 400-800 mm Hub und von 1000-2000 mm Hub
    Bohren: Kurbelzapfenloch-Bohrmaschinen für Lokomotiv-Radsätze
    Drehen: Verschiedene Arten Drehbänke wie Plandrehbänke typenmäßig mit 1600 - 2800 mm Planscheibendurchmesser, Großausführungen bis 4500 mm Planscheibe Spitzendreh¬bänke ab 400 mm Spitzenhöhe, Walzendrehbänke ab 310 mm Spitzenhöhe, Radsatzdrehbänke für Wagen- und Lokomotiv-Radsätze bis 2300 mm Raddurchmesser, Achsschenkel-Dreh- und Prägepolierbänke

Bis dieses Programm sich herausschälte, mußten viele Stufen der Entwicklung durchlaufen werden. Praktisch war alles Wandlungen unterworfen. Die Abmessungen und Anforderungen stiegen ständig. Die Arbeitsstücke wurden immer größer. Damit steigerte sich auch der Kraftbedarf für den Antrieb, der heute bei schweren Drehbänken Motorleistungen von 150 PS und mehr vorsieht. Gewaltig gestiegen ist die Schnittgeschwindigkeit. War man früher stolz auf Schnittgeschwindigkeiten von 6 - 8 m/min, so stehen heute schwere Hochleistungsdrehbänke bei 80-100 m/min und darüber, und die Schnittdrücke sind bis 50t gesteigert worden.
Der sichtbare Ausdruck der Schnittleistung ist die Zerspanungsleistung. Bei den heutigen Maschinen sind Spanquerschnitte von 600 mm² aus Stahl beachtlich. Der Querschnitt ist aber nicht der alleinige Gradmesser, es kommt die erhebliche Festigkeitssteigerung der Werkstoffe hinzu, die bearbeitet werden. Diese beiden Forderungen zu erfüllen - härteren Stahl in kürzerer Zeit zu zerspanen - wurde nur möglich durch einen bahnbrechenden Wandel im Werkzeug durch die Einführung des Hartmetalls. Mußten früher die Werkzeugschneiden vor zu großer Erhitzung geschützt werden, so erreichen Hartmetallschneiden gerade bei stärkerer Erhitzung, ja sogar bei schwacher Rotglut ihren besten Wirkungsgrad. Geändert hat sich schließlich auch die Antriebsart. War noch vor einem Vierteljahrhundert der Transmissionsantrieb das Kennzeichen eines Maschinensaals, so ist man längst zum Einzelantrieb übergegangen.
Unter den vielen sonstigen Änderungen sind noch zu erwähnen die Lagerung der stark beanspruchten Wellen, die Schmierung, der bei dem hohen Arbeitsdruck eine viel größere Bedeutung zukommt als in der Vergangenheit und die darum zur automatischen Umlaufschmierung mit sichtbarem Ölstand ausgebildet wurde. Geändert haben sich auch der alte Räderkasten und die Schaltvorgänge. Die Rückführung des Werkzeugs in die Ausgangsstellung geschieht durch Eilverstellung.

Allgemeiner Maschinenbau

Von den Hauptarten der Krane baut die MFD Lauf- und Drehkrane, Bock¬krane, Verladebrücken, Greifer- und Hüttenwerkskrane, sämtlich mit elektrischem Antrieb. Die größte Form der Bockkrane sind die Verladebrücken, die teilweise - zum Beispiel bei den Abraumbetrieben - wahrhaft riesige Ausmaße annehmen können. Ein Sondergebiet bilden die Bekohlungsanlagen für Lokomotiven.
Die seit der Gründung der MFD bestehende enge Verbindung mit der Eisenbahn lenkte im Hebezeugbau naturgemäß das Interesse der Firma auch auf die in den Eisenbahnwerkstätten benötigten Spezialhebezeuge, wozu in erster Linie Achssenken und Hebeböcke für Lokomotiven und Wagen gehören. Achssenken finden überall dort Verwendung, wo es gilt, Lokomotiv- und Wagenachsen auszuwechseln. Nachdem diese Senken früher vielfach für hydraulischen Betrieb gebaut wurden, hat man diesen Antrieb in den letzten Jahren fast ganz aufgegeben und baut sie nahezu ausschließlich für elektrischen Antrieb. Hebe-böcke werden von der MFD für alle benötigten Tragfähigkeiten gebaut. Sie finden vielfältige Anwendung in den Ausbesserungswerken und den Bahnbetriebswerken der Eisenbahnen. An der Entwicklung dieser Hebezeuge in Verbindung mit der Deutschen Bundesbahn ist die MFD maßgeblich beteiligt. Das Aufgleisgerät Deutschland ist bei der Bundesbahn und vielen Auslands-bahnen als Standardgerät eingeführt. Es sind nur wenige tragbare Apparate und die Druckluft der Lokomotive des Hilf szuges notwendig. Diese Druckluft wird in einer Umsetzpumpe in einen hydraulischen Druck von 300 Atmosphären umgewandelt der zum Antrieb der Hubzylinder dient. Mit sinnreich erdachten Angriffsorganen, wie Spezialheber, Ketten usw. wird unwiderstehlich jede gestürzte Lokomotive, jeder Wagen irgendwelcher Bauart wieder aufgerichtet, mit geeigneten Verschiebevorrichtungen in das Gleis geholt und wieder abgesenkt. Von den kleinsten Typen für Werksgleisanlagen bis zu den größten für die Lastenzüge der längsten und schwersten Lokomotiven hat die MFD Drehscheiben und Schiebebühnen entwickelt und für die Reichs- und Bundesbahn und viele Auslandsbahnen geliefert. Die großen Drehscheiben werden als Gelenkdrehscheiben gebaut, die nur einer flachen Grube bedürfen. Ebenso werden neuzeitliche größere Schiebebühnen vielfach in versenkter Bauart hergestellt. Beim Roheisen-Pfannenwagen der MFD beträgt das Gewicht des Fahrgestells 27 t. Die Pfanne im Gewicht von 20 t ist für einen Inhalt von 50 t bestimmt, so daß das Gesamtgewicht des vierachsigen Wagens rund 100 t beträgt. Die MFD baut Koksofenfüllwagen, Türabhebe- und Kokskuchenführungswagen, Kokslöschwagen und Koksausdrückmaschinen. Diese Maschinen arbei¬ten im Bereich des Feuers unter schwersten Bedingungen, von Hitze angestrahlt, von Aschenregen überrieselt, von Fluten schwefelhaltiger Wasser überspült. Es kann ihnen wenig Pflege zuteil werden. Nur allererste Erzeugnisse vermögen derartigen Belastungsproben standzuhalten.

Der Weichenbau

Neuzeitlicher Weichenbau erfordert einen umfangreichen und schwe¬ren Maschinenpark, zum Teil mit Sondermaschinen, außerdem Einrichtungen zum Schweißen und Härten, schwere Schmiedepressen u. a. m. Verschiedene dieser Maschinen sind Erzeugnisse der Abteilung Werkzeugmaschinenbau der MFD, die Biegemaschinen und Schwellenschneid- und Kappmaschinen baut und auf diese Weise mit dem eigenen Weichenbau wertvolle Erfahrungen sammeln und austauschen kann.
Ferner sind Hallen von erheblicher Länge und Breite notwendig mit Transportkranen großer Stützweite. Denn bei der MFD werden alle Weichen in wettergeschützten geschlossenen Werkstätten aufgelegt und zusammengebaut. Ein ausgedehntes Lager für die vielen Walzprofile und ein umfangreiches Magazin für die Zubehörteile, die zum Teil im eigenen Betrieb, hauptsächlich aber von Spezialfirmen hergestellt werden, steht der Produktion zur Verfügung. Die Weichen unterscheiden sich nach ihrem Grundbild, das heißt nach Weichenarten, ferner nach Schienenformen, Spurweiten, Halbmessern, Abzweigungswinkeln und weitgehenden Verschiedenheiten in der Bauart von Zungenvorrichtungen, Herzstücken und sonstigen Teilen. Außer den vielen Inlandsbauarten gibt es nicht weniger zahlreiche Auslandsbauarten. Für die Werkstoffe bestehen besondere Gütevorschriften. Die Werkstattausführung muß mit hoher Genauigkeit erfolgen, ebenso die technischen Berechnungen bei denen mit siebenstelligen Logarithmen gearbeitet wird.
Für die Regelspur 1435 mm hat die kleinste Weiche, die noch für Güterwagenverkehr zulässig ist, 35 m Halbmesser bei 16 m Länge. Sie darf nur mit etwa doppelter Schrittgeschwindigkeit befahren werden. Bei der größten Regelweiche dagegen beträgt der Halbmesser über einen Kilometer, die Baulänge 65 m und die zulässige Fahrgeschwindigkeit 100 km/h. Diese Grenzfälle umschließen eine gewaltige Zahl von Zwischenstufen. Zu den frei liegenden Weichen kommen die Pflasterweichen, als Doppelschienen- oder Rillenschienenweichen ausgeführt, ferner die Kreuzungen, die für jedes örtliche Erfordernis einen anderen Kreuzungswinkel aufweisen können. Schließlich können auch die meisten dieser 67 Weichen und Kreuzungen für Bogenlage gekrümmt ausgeführt werden.

Den Mitschaffenden zum Dank

Es gehört zu der bewährten Tradition der MFD, die Verbindung zwischen Werksleitung und Belegschaft so eng wie möglich zu gestalten. Nur darin wird die Sicherheit für gleichbleibend höchste Leistungen gesehen, von denen die Zufriedenheit der Abnehmer und damit das Gedeihen des Unternehmens abhängen. Es wird als selbstverständliche Aufgabe betrachtet, diejenigen, die die Arbeitskraft ihres Lebens für das Werk einsetzen, soweit wie möglich vor Not zu bewahren und ihnen die Aussicht auf einen sorgenfreien Lebensabend zu geben. Daß dieses enge Zugehörigkeitsgefühl zum Werk in Wirklichkeit besteht, zeigt sich unter anderem darin, daß das Unternehmen über eine starke Stammbelegschaft verfügt und daß eine große Zahl von Angestellten und Arbeitern durch Jahrzehnte dem Werk verbunden ist. Gegenwärtig beschäftigt die MFD 156 An¬gestellte und Arbeiter mit einer Dienstzeit von mehr als 25 Jahren und 20 mit einer Dienstzeit von mehr als 40 Jahren, während ein Arbeiter länger als 50 Jahre im Werk arbeitet. Den Jubilaren wird die Anerkennung für ihre langen und treuen Dienste durch zusätzliche Geldleistungen zum Ausdruck gebracht. Bei der Altersversorgung, die die MFD zusätzlich zu den staatlichen Sozialrenten gewährt, wurde von dem Gedanken ausgegangen, daß auch bei aller Werkstreue und allem Fleiß es Angestellten und Arbeitern oft nicht möglich ist, einen Not¬groschen für das Alter zurückzulegen. Deshalb wurde die Zahlung von Zusatzrenten und -pensionen eingeführt, die nach der Dauer der Werkszugehörig¬keit gestaffelt sind. Auch den hinterbliebenen Ehefrauen wird unter bestimmten Voraussetzungen eine Witwenrente oder -pension gezahlt. Kindern wird eine Waisenrente gewährt. Renten und Pensionen werden ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit gezahlt. Im Hinblick auf die gesteigerten Lebenskosten wurden 1951 die Sätze erhöht. Im ganzen betreut die MFD zurzeit 164 Ruhegeldempfänger.
Die Betriebskrankenkasse, die bereits im Jahr 1884 errichtet wurde, zählt gegenwärtig 974 Mitglieder, darunter 97 freiwillige. Außer den Werksangehörigen betreut die Kasse eine große Zahl von Familienangehörigen. Bei Krankenhausbehandlung übernimmt die Kasse für Mitglieder und für ihre Familienangehörigen die gesamten Kosten, einschließlich der Fahrt. Im Todesfall wird ein Sterbegeld bis zu 500 DM gezahlt. Außerdem übernimmt die Kasse für ihre erholungsbedürftigen Mitglieder und deren Ehefrauen die Kosten für einen dreiwöchigen Erholungsaufenthalt. Für Kinder werden besondere Vergütungen gewährt. Um der Belegschaft und ihren Familien Gelegenheit zu geben, auch einmal außerhalb des Dienstes zusammen zu kommen, werden seit mehreren Jahren Werkfeste veranstaltet. Zum Weihnachtsfest wird eine besondere Weihnachtsgabe gewährt. Die zur Auszahlung gelangenden Beträge konnten in den letzten Jahren ständig gesteigert werden. Auch die Kriegerwitwen und deren Kinder sowie Frauen von Belegschaftsmitgliedern, die noch in Kriegsgefangenschaft oder vermißt sind, sind hier einbezogen. Im Jahr 1951 wurde zu Weihnachten ein Betrag von 150000 DM ausgeschüttet.
Schließlich werden auf Kosten der MFD jährlich Röntgen-Reihenuntersuchungen durchgeführt. Ferner stehen Fonds für Fälle von besonderer unverschuldeter Notlage zur Verfügung. Werkseigene Wohnungen werden von der MFD nicht errichtet. Die Hoesch Werke A. G. als Eigentümerin stellt der MFD aus ihrem Wohnungs- und Siedlungsprogramm laufend Wohnungen zur Verfügung. Die MFD unterstützt Siedlungsvorhaben ihrer Belegschaftsmitglieder durch unverzinsliche Baudarlehen.

Pflege des Nachwuchses

Um den hohen Anforderungen, die gerade von der Kundschaft einer Maschinenfabrik an die unbedingte Genauigkeit ihrer Erzeugnisse gestellt werden, zu genügen, muß auf die vielseitige und sehr sorgfältige Ausbildung von Lehrlingen besonderer Wert gelegt werden. Die MFD besitzt seit vielen Jahren eine eigene Lehrwerkstatt, die mit allen Einrichtungen für eine mustergültige Ausbildung versehen ist. Die Lehrwerkstatt untersteht einem Ausbildungsleiter, dem als Ausbilder ein Meister und 6 Lehrgesellen zur Seite stehen. Das Lehrpersonal hat nicht nur praktische, sondern auch theoretische Kenntnisse zu vermitteln. Theoretischer Unterricht findet zweimal in der Woche statt. Die MFD beschäftigt gegenwärtig 67 männliche Lehrlinge, 6 Praktikanten und 5 weibliche Lehrlinge. Von den weiblichen Lehrlingen haben drei den Dreherberuf gewählt und zwei wollen technische Zeichnerinnen werden. Vor der Einstellung müssen sämtliche Lehrlinge sich einer eingehenden Prüfung unterziehen. Nach Ablauf der Probezeit und nach Vollendung des ersten Lehrjahres haben sie halbjährige Zwischenprüfungen abzulegen, die später wichtige Bewertungsgrundlagen bilden. In ihren Werkstatt-Tagebüchern haben die Lehrlinge laufend über ihre Arbeiten zu berichten. Damit sie nicht betriebsfremd werden, wird dafür gesorgt, daß sie zeitweise den Fertigungsstätten des Betriebes zugeteilt werden. Um das Blickfeld der Lehrlinge zu erweitern, werden Be-sichtigungen fremder Werke durchgeführt. Die günstigen Ergebnisse der Abschlußprüfungenbelegen die besondere Sorgfalt der Ausbildung, die hier gewährt wird.

Im Geist der Gründung

In der 80jährigen Geschichte der MFD haben hervorragende Techniker und Kaufleute teilweise unter den schwierigsten Bedingungen ihr großes Kön¬nen für das Werk eingesetzt. Sie alle dienten dem Unternehmen in dem Geist, wie ihn die Gründer bestimmt hatten. Ihnen gemeinsam war das Streben, die MFD an der Spitze der technischen Entwicklung zu halten. Gegenwärtig liegt die Geschäftsleitung für den kaufmännischen Teil in Händen von Gustav Schneider, für den technischen Teil bei Dr.-Ing. Joachim Tobolla. Im Dezember 1951 traf das Unternehmen ein schwerer Verlust durch den Tod seines technischen Direktors Carl Sattler, der vom Jahr 1940 an der Geschäftsführung an¬gehörte. Sein fachliches Können und seine menschlichen Eigenschaften befähigten ihn, die MFD durch die kritischsten Jahre ihrer Geschichte zu steuern. Er erlebte, wie der größte Teil der Werksanlagen durch den Luftkrieg zerstört wurde, und nahm in einer Lage, die so gut wie aussichtslos erschien, den Kampf für den weiteren Bestand des Unternehmens auf, getragen von dem einmütigen Vertrauen der Belegschaft. Wenn die MFD heute nicht nur ihren alten Platz in der Industrie wieder erobert hat, sondern darüber hinaus zu noch weiterer Wirksamkeit gekommen ist, so dankt sie das in erster Linie diesem Mann. Aufsichtsrat und Vorstand der MFD sind sich bewußt, daß in der Geschichte des Unternehmens eine hohe Verpflichtung beschlossen liegt. Wenn auch die Zeiten stürmischer technischer Entwicklungen abgeschlossen sein mögen - auch heute gilt noch das Wort, daß nichts gefährlicher ist, als sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben. Das große Erfahrungsgut aber, das der MFD zur Verfügung steht, sowie der Wille aller, die dem gemeinsamen Werk dienen, ihr Bestes einzusetzen, bürgen dafür, daß die MFD auch in Zukunft jede Aufgabe meistern wird, die sich im großen Wechselspiel des Lebens ihr stellt.

VORSTANDSMITGLIEDER BEZW. GESCHÄFTSFÜHRER

1872-1873 Gustav Adolph Waldthausen
1873-1882 Julius Weidtmann
1882-1885 Christian Lichthardt
1882-1904 Franz Gahlen
1904-1914 Max Horstmann
1904-1914 Gottlieb Röser
1904-1910 Albert Kärger
1914-1918 Paul Heidtkamp
1914-1938 Gustav Sassenscheidt
1938-1941 Dr. jur. Hans Becker
1938-1941 Dr.-Ing. John Neelsen
1941-1946 Dr. phil. Ernst Grave
1940-1951 Carl Sattler
ab 1949 Gustav Schneider
ab 1952 Dr.-Ing. Joachim Tobolla

MITGLIEDER DES AUFSICHTSRATES

Direktor Willy Ochel
Vorsitzer Direktor Alfred Berndsen
stellv. Vorsitzer Hüttendirektor a. D. Alfred Brüninghaus
Direktor Friedrich Wilhelm Engel
Dreher Josef Jäger
Direktor Dr. Erich W. Schulte
Lohnbuchhalter Karl-Heinz Timmermann